Korsakow-Syndrom: Vergessenes neu erfinden

Korsakow-Syndrom: ein Gedächtnisproblem infolge von Alkoholmissbrauch oder extremen Diäten, bei denen es zu Vitaminmangel kommt. Finde heraus, welche Symptome und Ursachen es für dieses Syndrom gibt, wie es sich behandeln lässt und welche Formen der Prävention möglich sind.

Korsakow-Syndrom: Vergessenes neu erfinden

Was ist das Korsakow-Syndrom?

Das Korsakow-Syndrom ist eine chronische Gedächtnisstörung deren Ursache ein starker Mangel an Thiamin (Vitamin B1) ist. 

Thiamin hilft dem Gehirn aus Zucker Energie zu gewinnen. Wenn der Thiamingehalt im Körper drastisch sinkt, generieren die Gehirnzellen nicht genug Energie, um korrekt funktionieren zu können. Die Folge dessen kann das Korsakow-Syndrom sein.

Man geht davon aus, dass dieser Mangel zu Schäden im Thalamus und an den Mammillarkörpern des Hypothalamus im Gehirn führt. Außerdem kommt es zu einem generellen Gewebeschwund im Gehirn (Atrophie) und zu neuronalen Schäden und Verlusten.

Forschungen haben ergeben, dass der Thiaminmangel die Substanzen verändert, die dafür verantwortlich sind Signale zwischen Gehirnzellen zu übertragen und Erinnerungen abzuspeichern. Diese Veränderungen können Neuronen zerstören und zu mikroskopisch kleinen Blutungen und Narben im Gehirngewebe führen.

Oft, aber nicht immer, geht diesem Syndrom eine Wernicke-Enzephalopathie voraus. Bei dieser kommt es aufgrund des starken Thiaminmangels zu einer akuten Reaktion des Gehirns. Die Wernicke-Enzephalopathie ist ein medizinischer Notfall, bei der es zu starken und lebensbedrohlichen Veränderungen im Gehirn kommt. Die Anzeichen sind mentale Verwirrung, Koordinationsprobleme der Bewegung und anormale, unfreiwillige Augenbewegungen.

Da das Korsakow-Syndrom häufig nach einer Episode der Wernicke-Enzephalopathie auftritt, wird das Syndrom auch als Wernicke-Korsakow bezeichnet. Nichtsdestotrotz kann das Korsakow-Syndrom auch ohne vorherige Wernicke-Enzephalopathie entstehen.

Symptome des Korsakow-Syndroms

Korsakow zeichnet sich durch Gedächtnisprobleme aus, während das Bewusstsein aber weitgehend erhalten bleibt. Bei einem Gespräch kann der Eindruck entstehen, dass die Person über alle Fähigkeiten verfügt. Dennoch zeigt die betroffene Person aber schwerwiegende Veränderungen in neueren Gedächtnisinhalten auf. Sie stellt immerzu die gleichen Fragen, liest die gleiche Seite eines Buches über Stunden und kann Personen, die sie während des Verlauf der Krankheit bereits mehrere Male gesehen hat, nicht wieder erkennen.

Die Gedächtnisprobleme können sehr stark sein, dabei kann sowohl das Kurzzeitgedächtnis als auch das Langzeitgedächtnis betroffen sein (Erinnerungslücken), während andere Fähigkeiten, wie die soziale Interaktion oder das Denken, relativ intakt bleiben.

Die Leitsymptome sind:

  • anterograde Amnesie: Unfähigkeit neue Gedächtnisinhalte zu generieren oder neue Informationen zu verarbeiten.
  • retrograde Amnesie: Unfähigkeit alte Gedächtnisinhalte abzurufen, die vor Krankheitsbeginn entstanden sind.
  • Erinnerungsverfälschungen: Erfundene Erinnerungen, die von dem Betroffenen selbst geglaubt werden. Ursache sind die Erinnerungslücken.
  • Fast inhaltslose Konversationsführung
  • Fehlende Introspektion
  • Apathie

Die Betroffenen des Korsakow-Syndroms können verschiedene Symptome zeigen. Einige Betroffene leben “in der Vergangenheit weiter”, überzeugt davon, dass ihr Leben und die Welt noch so ist, wie sie vor Krankheitsbeginn war. Andere zeigen eine große Bandbreite an Erinnerungsverfälschungen.

Die retrograde Amnesie tritt nicht bei allen Erinnerungen gleichermaßen auf, sondern betrifft eher neuere Erinnerungen. Je älter die Erinnerungen, desto eher bleiben sie. Der Grund dafür kann darin liegen, dass die neueren Erinnerungen noch nicht komplett im Gehirn konsolidiert sind und entsprechend vulnerabler gegenüber eines Verlusts sind.

Erinnerungsverfälschung beim Korsakow-Syndrom

Eines der charakteristischsten Symptome des Korsakow-Syndroms ist die Erinnerungsverfälschung. Die Betroffenen “verfälschen” Informationen oder denken sich welche aus, wenn sie die eigentliche Information nicht erinnern können. Dabei ist es nicht so, dass die Betroffenen “lügen”, sondern sie sind selbst davon überzeugt, dass ihre ausgedachten Erklärungen stimmen. Bislang gibt es noch keine wissenschaftliche Erklärung, wieso dieses Phänomen so auftritt.

Einige Personen zeigen konstant Erinnerungsverfälschungen. Sie denken sich stetig neue Identitäten aus, mit detaillierten Geschichten welche diese untermauern. Dadurch ersetzen sie die Realität, die sie vergessen haben.

Ursachen des Korsakow-Syndroms

Korsakow-Syndrom

Exzessiver Alkoholkonsum ist eine der Hauptursachen für das Auftreten des Korsakow-Syndroms

Man weiß, dass übermäßiger Alkoholkonsum das Nervensystem schädigen kann. In den allermeisten Fällen ist exzessiver Alkoholmissbrauch die Ursache für das Korsakow-Syndrom.

Es konnten zudem genetische Variationen identifiziert werden, die das Risiko für das Auftreten dieser Störung erhöhen. Eine nahrstoffarme Ernährung kann ebenfalls dazu beitragen.

Das Korsakow-Syndrom kann durch eine extreme Ernährung verursacht werden, wie es bei Anorexie, sehr restriktiven Diäten, Hungersnöten oder plötzlichem Gewichtsverlust nach einer Operation der Fall ist. Unkontrolliertes Erbrechen, eine HIV Infektion, eine andere chronische Infektion oder eine Krebserkrankung können ebenfalls eine mögliche Ursache darstellen.

Behandlung des Korsakow-Syndroms

Die Behandlung des Korsakow-Syndroms sollte multidisziplinär angegangen werden, bei welchem Ärzte, Psychologen und Neuropsychologen zusammenarbeiten, um eine möglichst effektive Intervention anbieten zu können.

Von einigen Experten wird empfohlen, dass Personen, die viel Alkohol konsumieren oder aus einem anderen Grund an Thiaminmangel leiden könnten, unter ärztlicher Aufsicht Ergänzungsmittel zu sich nehmen.

Ebenfalls ist es empfehlenswert, dass Menschen mit einer Geschichte von Alkoholmissbrauch und Symptomen, die mit der Wernicke-Enzephalopathie zusammenhängen, Thiamin injiziert bekommen, bis das klinische Krankheitsbild klarer ist.

Die Behandlung mit oraler Gabe von Thiamin, anderen Vitaminen und Magnesium kann bei Betroffenen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Symptome abnehmen.

Die psychologische Intervention besteht vor allem darin, die Alkoholabstinenz zu gewährleisten. Aus neuropsychologischer Sicht wird versucht dem Betroffenen zu helfen seine Defizite zu kompensieren, damit er sich sozial integrieren und ein so normales Leben wie möglich führen kann.

Korsakow-Syndrom: Prognose

Einige Daten zeigen, dass etwa 25% der Personen mit Korsakow-Syndrom wieder ganz gesunden, bei der Hälfte schwächen die Symptome ab und bei weiteren 25% lassen sich keine Verbesserungen erzielen.

Anderen Autoren zufolge ist die Mortalität hoch und liegt zwischen 10 und 20%. Das ist hauptsächlich auf Lungeninfektionen, Blutvergiftungen oder Leberschäden oder einen irreversiblen Thiaminmangel zurückzuführen.

Aus diesem Grund ist es sehr wichtig die Symptome des Korsakow-Syndroms so schnell wie möglich zu identifizieren und zu behandeln. Eine frühzeitige Behandlung der Wernicke-Enzephalopathie erhöht die Prognose der Genesung und kann das Auftreten des Korsakow-Syndroms verhindern. Beispielsweise lassen die Probleme der Augenbewegung bereits nach Stunden bis Tagen nachweislich nach, motorische Einschränken werden nach Tagen bis Wochen weniger. Bei etwa 60% der Betroffenen bleiben jedoch leichte Symptome.

Gemäß dieser Autoren ist die Prognose relativ schlecht, sobald das Korsakow-Syndrom einmal diagnostiziert wurde. Ungefähr 80% der Betroffenen leiden ihr Leben lang an chronischen Gedächtnisschäden.

Die kognitive Genesung ist langsam und nicht vollständig und erreicht nach etwa einem Behandlungsjahr das Maximum an möglicher Wiederherstellung. Es kann zu einer Genesung kommen, diese hängt jedoch von Faktoren wie dem Alter und der Alkoholabstinenz ab.

Korsakow-Syndrom: Präventionstipps

Korsakow-Syndrom

Eine ausgewogene und gesunde Ernährung kann helfen das Korsakow-Syndrom zu verhindern

  • Der wichtigste Ratschlag ist, den Alkoholkonsum auf ein Minimum zu reduzieren. Je weniger Alkohol, desto besser. Obwohl man vielleicht davon ausgeht wenig zu trinken, wird der Organismus bereits bei kleinen Mengen Alkohol beschädigt.
  • Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist wichtig, damit die Synthese von lebenswichtigen Vitaminen stattfinden kann, insbesondere des Thiamins (Vitamin B1).
  • Immer dann wenn Gedächtnisprobleme auftreten, sollte man einen Arzt aufsuchen. Dieser kann feststellen, ob es sich um einen normalen Alterungsprozess oder eine Form von Demenz handelt.
  • Man sollte sich ein gutes soziales unterstützendes Netzwerk aufrecht erhalten, da nahestehende Personen diejenigen sind, die helfen wenn ein besorgniserregendes Symptom auftritt.
  • Wenn man glaubt zu viel zu trinken, aber nicht weiß, wie man damit aufhören kann, sollte man professionelle Hilfe suchen.

Übersetzt aus dem Spanischen. Original: Andrea García Cerdán, Psychologin bei CogniFit.