Substantia nigra und die Parkinson-Krankheit: das Wichtigste im Überblick
Von der Krankheit Parkinson hat fast jeder schon einmal gehört, doch nicht jeder weiß, was sie eigentlich bedeutet. Gleiches gilt für die Hirnstruktur Substantia nigra. In dem folgenden Artikel wird erläutert was die Substantia nigra ist, wozu sie dient und welche Pathologie unter anderem mit ihr assoziiert ist: die Parkinson Krankheit.
Was ist die Substantia nigra?
Die Substantia nigra ist ein Kernkomplex des Mittelhirns (Mesencephalon) und unabdingbar für die fehlerfreie Funktion der Basalganglien.
Die Substantia nigra besteht aus dunkel pigmentierten Nervenzellen, die entweder einen besonders hohen Eisengehalt oder viel Melanin aufweisen. So lässt sich die Substantia nigra anatomisch in zwei Bereiche aufteilen: Die Pars compacta, die aus dicht angeordneten melaninhaltigen Nervenzellen besteht und die Pars reticulata, deren Nervenzellen sich durch einen besonders hohen Eisengehalt auszeichnen.
Die Substantia nigra ist Bestandteil diverser Schaltkreise des extrapyramidalmotorischen Systems und ist auf diese Weise mit dem Striatum, dem Thalamus, dem Cortex und dem Nucleus subthalamicus verbunden. Das extrapyramidalmotorische System steuert beim Menschen zusammen mit dem pyramidalen System die Bewegungsprozesse des Körpers.
In der Pars compacta herrscht ein besonders hoher Dopamingehalt. Die dopaminergen Neuronen übermitteln Signale, die besonders für die Planung und den Start einer Bewegung relevant sind (“Starterfunktion”).
Die Neuronen der Pars reticulata besitzen über ihre Axone Verbindungen zum Striatum und dem ventrolateralen Thalamus. Diese Neuronen generieren Aktionspotentiale wenn kein synaptischer Input erfolgt.
Wozu dient die Substantia nigra: Funktionen
Um die Funktionsweise der Substantia nigra zu beschreiben ist es wichtig die Pars compacta und die Pars reticulata in ihrer Funktionsweise zu unterscheiden:
- In der Pars compacta, sind die Neuronen mit dem Lernen assoziiert.
- In der Pars reticulata sind die Neuronen für Orientierung und Augenbewegung zuständig.
Pathologien die mit der Substantia nigra assoziiert sind
Die bekannteste, mit der Substantia nigra assoziierte Pathologie, ist die Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson). Sie hängt mit der Funktionsweise der Neuronen in der Pars compacta zusammen. Auch die Epilepsie geht möglicherweise mit Funktionsstörungen der Substantia nigra einher.
Im Folgenden wird die Parkinson-Krankheit genauer beschrieben. Es wird erläutert welche Konsequenzen sie für die Betroffenen hat, welche Veränderungen im Gehirn stattfinden und welche Maßnahmen sich dagegen unternehmen lassen.
Parkinson-Krankheit
Parkinson (Morbus Parkinson) ist eine chronische neurodegenerative Erkrankung. Die Ursachen sind bis heute nicht bekannt, man weiß aber, dass es bei den Betroffenen zum Absterben von Nervenzellen in der Substantia nigra kommt. Da die dopaminergen Neuronen in der Pars compacta absterben, entsteht ein Dopaminmangel. In manchen Fällen zeigt sich die Krankheit als Bewegungsstörung, verursacht aber ebenfalls kognitive Veränderungen. Diese schränken die Autonomie der Patienten stark ein und können ebenfalls zu einem inadäquaten Ausdruck der Emotionen führen.
Statistisch gesehen ist Parkinson nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung.
Die Krankheit tritt sowohl bei Frauen als auch bei Männern auf, wobei Männer häufiger betroffen sind. In der Regel hat die Krankheit einen späten Beginn, erste Symptome manifestieren sich meisten zwischen dem 50. und 79. Lebensjahr.
Die Forschung aus den letzten zehn Jahren hat ergeben, dass es sich bei Parkinson nicht um eine einheitliche Erkrankung handelt, sondern verschieden Formen existieren. Beispielsweise ist das Familiäre Parkinson erblich, die Krankheit tritt in diesem Fall meistens deutlich früher auf als bei dem idiopathischen Parkinson-Syndrom. Derzeit ist bei dem idiopathischen Parkinson auch noch nicht bekannt, ob es biologische Ursachen gibt, welche die Krankheit auslösen.
Diagnose der Parkinson-Krankheit
Zur Diagnose der Parkinson-Krankheit muss das Kardinalsymptom Bradykinese oder Akinese zusammen mit mindestens einem der anderen Leitsymptome auftreten.
Kardinalsymptom:
- Bradykinese (verlangsamte Bewegungen) oder Akinese (Bewegungslosigkeit)
Leitsymptome:
- Ruhetremor (Muskelzittern in Ruhe)
- Rigor (Muskelstarre)
- Haltungsinstabilität
Die Bradykinese macht sich bei allen Bewegungen der Parkinson-Erkrankten erkennbar. Die Bewegungen sind verlangsamt, was zu einem starren Gesichtsausdruck führt. Das Sprechen wird undeutlicher und leiser und auch das Schlucken verzögert sich. Bei Bewegungsabläufen die Präzision erfordern haben Betroffene große Probleme, beispielsweise beim Zuknöpfen einer Jacke.
Das bekannteste Symptom ist der Ruhetremor, der bei 85% der Betroffenen mit idiopathischem Parkinson auftritt. Wie der Name sagt, tritt der Tremor dann auf, wenn sich die Person in Ruhe befindet und nimmt ab, wenn der Patient in Bewegung ist.
Ein weiteres charakteristisches Symptom der Krankheit ist der Verlust des Gleichgewichts: die posturale Instabilität. Betroffene haben Gang- und Standunsicherheiten. Dies steigert die Angst und Wahrscheinlichkeit zu fallen und führt nicht selten zu Verletzungen.
Da es sich bei der Parkinson-Krankheit um eine progressive neurodegenerative Erkrankung handelt, nehmen die Symptome mit der Zeit graduell zu. Der Verlauf von Parkinson kann derzeit noch nicht gestoppt werden.
Neben der für die Krankheit charakteristischen motorischen Einschränkungen zeigen Betroffene auch kognitive Veränderungen.
Kognitive Veränderungen bei der Parkinson-Krankheit
Folgende charakteristische kognitive Veränderungen sind üblich:
- niedergedrückte Stimmung bis hin zu Depression
- Angst
- Apathie
- Schlafstörungen
- Wahrnehmungsveränderungen
- Hyposmie/ Anosmie (Verringerung/ Verlust des Geruchssinns)
- Missempfindungen (Dysästhesien)
- Schmerzen
Bewertung der kognitiven Fähigkeiten bei der Parkinson-Krankheit
Es existieren verschiedene Messinstrumente, um die kognitiven Kapazitäten der Patienten zu erfassen. Der Schweregrad lässt sich durch die Kriterien bestimmen, welche die Bewegungseinschränkungen und die Schwierigkeit alltägliche Aktivitäten auszuführen messen. Die meisten Evaluationsskalen erfassen hauptsächlich motorische Symptome.
Bekannte Evaluationsskalen sind beispielsweise: Unified Parkinson’s Disease Rating Scale, UPDRS und die kognitive Bewertungsbatterie für Parkinson (CAB-PK) von CogniFit, welche führend in digitalisierten kognitiven Evaluationen sind.
Behandlungsmöglichkeiten der Parkinson-Krankheit
In diesem Abschnitt sollen die Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt werden. Dabei gibt es drei verschiedene Bereiche: Pharmakologie, chirurgische Behandlung und Rehabilitation.
- Pharmakologie: In der Parkinson-Therapie werden vor allem Medikamente eingesetzt, die das Dopamin-Angebot im Gehirn erhöhen. Die am häufigsten verwendeten Medikamente sind Levodopa (eine Vorstufe von Dopamin) und andere Medikamente mit Dopamin-Agonisten, die eine analoge Wirkung zum Dopamin aufweisen.
- Chirurgische Behandlung: chirurgische Eingriffe waren vor allem Mitte des 20. Jahrhunderts üblich, als noch keine pharmakologische Behandlungsalternative bekannt war. Heutzutage werden chirurgische Eingriffe vor allem in den Fällen angewandt, in den Patienten nicht auf die Medikation ansprechen. Hierfür wird die “tiefe Hirnstimulation” angewandt, bei der eine implantierte Elektrode Impulse in das überaktivierte Hirnareal sendet.
- Rehabilitation: es existiert eine Trainingseinheit zur “psychischen Stimulierung und Rehabilitation bei Parkinson Patienten” die auf Grundlage der neuesten Forschungen von Experten entwickelt wurde. In dieser Testbatterie werden folgende kognitive Bereiche evaluiert: Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Koordination und logisches Denken. Durch die individuelle Beurteilung der Fähigkeiten ist eine differenzierte Diagnostik und Behandlung bei der Parkinson-Krankheit möglich.
Rehabilitation und kognitive Stimulation bei Parkinson
Zur kognitiven Stimulation und Rehabilitation bei der Parkinson-Krankheit ist es wichtig, Übungen in verschiedenen Bereichen auszuführen.
Einerseits ist es wichtig, dass die erkrankte Person Unterstützung von einem Logopäden erhält, der mit dem Patient nicht nur Sprachübungen macht, sondern auch speziell darauf hinarbeitet Schluckstörungen, Hypophonie und andere Schwierigkeiten zu mindern.
Andererseits ist es wichtig das Gleichgewicht zu trainieren, da dieses im Verlauf der Krankheit nachlässt.
Obwohl zu Beginn hauptsächlich motorische Einschränkungen auftreten, ist es ebenfalls wichtig eine individualisierte kognitive Rehabilitation mit den Parkinson-Patienten durchzuführen, da es sich um eine neurodegenerative Erkrankung handelt.
Nach der kognitiven Bewertung der einzelnen Fähigkeiten sollte ein individualisiertes Programm durchgeführt werden, um durch kognitive Stimulation die Bereiche des Patienten zu fördern, bei denen er die größten Defizite aufweist.
Zum Schluss findet sich hier eine Zusammenfassung von Vorschlägen, deren Beachtung ratsam ist, um die Lebensqualität für Betroffene zu verbessern:
- Erholsamer Schlaf ist für Erkrankte wichtig, da er eine schützende Funktion hat und die Symptome der Krankheit lindert.
- Die Durchführung der kognitiven Rehabilitation ist ebenfalls empfehlenswert. Betroffene sollten Aufgaben zur kognitiven Stimulation durchführen
- Erkrankte sollten einen Logopäden aufsuchen, um möglichen Sprachproblemen vorzubeugen.
- Die Wohnung sollte barrierefrei gestaltet und an den Patienten angepasst werden, um für diesen eine bessere Mobilität zu gewährleisten.
Dieser Artikel dient dazu einen tieferen Einblick in die Krankheit zu geben und hilft die Symptome besser zu verstehen. Ebenfalls erklärt er die Zusammenhänge, die zwischen der Krankheit und der Substantia nigra bestehen. Des Weiteren sollte der Artikel dazu dienen ein paar Empfehlungen für Betroffene aufzulisten.
Falls Fragen oder Unklarheiten zum Thema Parkinson oder der Substantia nigra bestehen, kann dieser Artikel gerne kommentiert werden und wir werden uns darum bemühen diese zu klären.
Übersetzt aus dem Spanischen: Sara Morales Alonso, Neuropsychologin bei CogniFit.
Als klinische Psychologin interessiere ich mich insbesondere für das Gehirn und seine veränderten Funktionen im Zusammenhang mit psychischen Störungen. Um der Leserschaft diese Themen näher bringen zu können, informiere ich mich stetig über neue und interessante Informationen in diesem Bereich.